Dienstag, 7. September 2010

EE brauchen keine Brücken

EUROSOLAR startet vor dem Hintergrund der Diskussion um verlängerte Laufzeiten für die deutschen Atomreaktoren in der Wochenzeitung "DIE ZEIT" eine neue Anzeigenaktion "Erneuerbare Energien brauchen keine Brücken". Damit geht der Aufruf einher, die Anzeigenkampagne zu unterstützen. Solarmedia dokumentiert den Anzeigentext:

Der vollständige Wechsel zu erneuerbaren Energien ist technisch und wirtschaftlich nicht nur möglich, sondern auch unverzüglich nötig. Alles spricht dafür, diesen Wechsel zu beschleunigen. Alles spricht dagegen, diesen über sogenannte "Brücken" in Form von Atomkraftwerken oder neuen Kohlekraftwerken zu führen und damit aufzuschieben. Deutschland ist mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz von 2000 zum internationalen Vorbild für den Wechsel zu erneuerbaren Energien geworden. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung ist seitdem von 4 Prozent auf 17 Prozent gestiegen, mit Investitionen in Höhe von über 100 Milliarden Euro. 95 Prozent der Investitionen haben Stadtwerke, Betreibergemeinschaften und individuelle Investoren geleistet. Schon mehr als 100 deutsche Städte und Landkreise haben die Initiative gestartet, innerhalb von 10 bis 15 Jahren ihre Stromversorgung zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umzustellen. Ein industrieller Schub wurde ausgelöst mit hunderttausenden neuen Arbeitsplätzen und Kostensenkungen für die Anlagen schon bis zu 70 Prozent.

Wir könnten sogar schon jetzt bei einem Stromversorgungsanteil erneuerbarer Energien von 30 Prozent sein, wenn nicht einige Landesregierungen auf mehr als 99,5 Prozent ihrer Landesflächen willkürlich Standortgenehmigungen verweigern würden: In Baden-Württemberg und Bayern liegt der Anteil des Windstroms bei weniger als einem Prozent des Stromverbrauchs und in Hessen bei nur zwei Prozent – während der Anteil selbst in Binnenländern wie Sachsen-Anhalt und Brandenburg schon bei über 40 Prozent liegt.

Ein vollständiger Wechsel zu erneuerbaren Energien ist innerhalb von zwei Jahrzehnten realisierbar. Atomkraftwerke sind – ebenso wie neue Kohlekraftwerke – keine „Brücke“ zu erneuerbaren Energien, sondern Barrieren gegen sie. Das natürliche Potenzial erneuerbarer Energien braucht nicht gefördert zu werden und die Energiequelle ist kostenfrei. Die Technik ist verfügbar und wird stetig produktiver und billiger. Die Mehrkosten von heute sichern für morgen eine sichere, emissionsfreie und kostengünstige Energieversorgung für alle. Sie ersparen uns unbezahlbar werdende Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschäden, Atommüll und weitere Gefahren durch fossile Energien und Atomenergien.

Nicht technische und wirtschaftliche Gründe stehen dem schnellen Wechsel zu erneuerbaren Energien entgegen, sondern die Widerstände der etablierten Energiekonzerne und eine halbherzige Politik. Hinter der Behauptung, erneuerbare Energien würden "noch Zeit" brauchen und zu viel kosten, weshalb an Atomkraftwerken als "Brücke" festgehalten werden müsse, steht allein die Absicht, Zeit für den weiteren Einsatz von Atomenergie und fossiler Energien zu gewinnen. Die vier Stromkonzerne, die sich jetzt wegen der Kosten für erneuerbare Energien als Verbraucherschützer gebärden, machen jährliche Gewinne durch die Produktion von Atom- und Kohlestrom von etwa 20 Milliarden Euro zu Lasten der Verbraucher.

Mit ihrer Kampagne für die "Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke" wollen sich die Stromkonzerne ihrer Verpflichtung zum Abschalten der Atomkraftwerke entziehen, für die sie im letzten Jahrzehnt versteckte Subvention in vielfacher Milliardenhöhe erhalten haben. Für ihre 2001 im Konsens mit der damaligen Bundesregierung unterschriebene Verpflichtung zum schrittweisen Abschalten der Atomkraftwerke wurde den Atomkraftwerksbetreibern zugestanden, dass
- keine Besteuerung der atomaren Brennstäbe erfolgt, was einen jährlich Gewinnvorteil von über zwei Milliarden Euro ausmacht;
- ihnen die steuerfreien Rückstellungen für die künftige Endlagerung von Atommüll, die aktuell bei etwa 30 Milliarden Euro liegen, zur freien Verfügung überlassen blieben, womit sie den Konzentrationsprozess in der Stromerzeugung finanzieren konnten;
- der Versicherungsbeitrag für die gesetzlich festgelegte Haftungsobergrenze von 2,5 Milliarden Euro bei Atomkraftwerksunfällen nur für ein Atomkraftwerk bezahlt werden darf statt für alle. Damit bleiben den Atomstromkonzernen jährlich 3,4 Milliarden Euro Versicherungsbeiträge erspart.

Damit hat der "Atomausstiegskonsens" den Atomkraftwerksbetreibern seit 2001 einen geldwerten Vorteil von jährlich etwa sechs Milliarden Euro gebracht und wurden die Atomstromkosten künstlich niedrig gehalten. Dennoch hat dies nicht zu niedrigeren Strompreisen geführt, weil sich diese an den jeweils höchsten Produktionskosten an der Strombörse ausrichten. Atomkraftwerke sind unter diesen Bedingungen Gelddruckmaschinen für die Stromkonzerne. Mit der Kampagne für die Laufzeitverlängerung wollen sie nun ihre vereinbarte Gegenleistung – das Abschalten der Reaktoren in den vereinbarten Zeiträumen – verweigern. Das Vertrauen in die Demokratie und in die politischen Institutionen wird erschüttert, wenn ihnen dies zugestanden wird. Dadurch würde das Atomausstiegsgesetz nachträglich zu einem Subventionsprogramm für die Atomkonzerne.

Wir erwarten von der Bundesregierung
- auf der Einhaltung der Verpflichtungen der Stromkonzerne zu bestehen, die Atomkraftwerke abzuschalten – so wie es im "Gesetz zur Beendigung der Atomenergienutzung" von 2001 festgeschrieben ist. Die einzige politische Alternative dazu wäre nicht nur die sofortige Einführung einer Brennelementesteuer, sondern auch vollumfängliche Haftpflicht für jedes Atomkraftwerk sowie die Überführung der Rückstellungen in einen Fonds, der ausschließlich für die atomare Entsorgung zur Verfügung steht. Zuzüglich müsste von den Atomstromkonzernen die Rückzahlung des 2001 erlangten geldwerten Vorteils in zweistelliger Milliardenhöhe verlangt werden – aufgrund der Nichterfüllung der Ausstiegsvereinbarung. Dann kämen wir der ökonomischen Wahrheit der Atomenergie näher;
- die Einführung eines "Speicherbonus" im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als Anreiz für Investitionen zur Stromspeicherung;
- den Abbau aller willkürlichen bürokratischen Hemmnisse gegenüber dem zügigen Ausbau erneuerbarer Energien;
- ein Eine-Million-Blockheizkraftwerksprogramm auf der Basis zinsbegünstigter Kredite, womit 20 Großkraftwerke ersetzbar sind und durch dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung ein Sprung in der Energieeffizienz erzielt werden kann;
- eine sofortige Umsetzung der EU-Richtlinie über die Energie-Effizienz von Gebäuden in nationale Gesetzgebung. Diese Richtlinie sieht vor, dass ab 2012 alle neu geplanten öffentlichen Gebäude und ab 2020 alle neu zu errichtenden privaten Gebäude einen Null-Emissionsstandard haben müssen, was nur mit erneuerbaren Energien realisierbar ist;
- die unbegrenzte Fortsetzung des Programms zur energetischen Gebäudesanierung und ein Städtebauförderprogramm „Solare Stadt“.

So beschleunigen wir den Energiewechsel und lösen eine Springflut an technischen und wirtschaftlichen Innovationen aus. Dies entspricht dem Wunsch der Mehrheit unserer Gesellschaft, schützt die Umwelt, schafft und erhält Arbeitsplätze und sichert die Zukunft unserer innovativen Wirtschaft.

Quelle, Unterstützung und weitere Informationen über: Eurosolar

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