Samstag, 25. Dezember 2010

Ölpreis: Das andere Geschenk

Es ist eines für Alle, auch wenn es auf den ersten Blick nur Wenige erfreuen mag. Für die einen klingelt es unmittelbar im Portemonnaie. Die anderen werden langfristig von einer neuen Energieversorgung profitieren. Die Rede ist vom erneut stark gestiegenen Ölpreis, der in diesen Tagen erstaunlicherweise kaum ein Thema in Medien und Öffentlichkeit ist.

Zur Weihnachtszeit hat der Ölpreis mit gegen 95 Dollar ein seit über zwei Jahren nicht mehr erreichtes Niveau gesehen – und die Vermutung dürfte kaum fehlgehen, wohin die Richtung zeigt - nach oben und über die 100-Dollar-Marke pro Fass. Doch wozu soll das gut sein? Zu erinnern ist an die alte Ökonomenweisheit, wonach steigende Preise einen Nachfragerückgang bewirken. Nun wäre der Autor dieser Zeilen als Ökonomen einer der letzten, der blindlings und einseitig diesem Preismechanismus stets vertraute. Und die Wirkung dieser schleichenden Preiserhöhung ist wohl kleiner, als auf den ersten Blick erwartet. Doch ein zumindest nachfragedämpfender Effekt ist gegeben. So überlegen sich insbesondere HauseigentümerInnen, ob sie ihre Heizenergie nicht vom Öl unabhängig gestalten wollen – und fragen beispielsweise Wärmepumpen zur Nutzung von Umweltenergie aus Luft, Wasser und Boden in Rekordstückzahlen nach. Auto wird auf der anderen Seite zwar immer noch gefahren. Aber auch hier läuft die Diskussion um die Nutzung der eigenen vier Räder zunehmend heiss – die Abstimmung zur so genannten Offroader-Initiative wird in der Schweiz das ihre beitragen, vor allem angesichts weiter steigender Benzinpreise.

Entscheidend beim erhöhten Ölpreis sind die Preisverhältnisse zu anderen Energieträgern
– Öl verliert mit Barrelpreisen von über 100 Dollar schlicht und einfach an Konkurrenzfähigkeit. Das mögen die Herren des Öls zwar nicht so sehen (eine Dame in dieser Branche ist kaum bekannt). Für Gas sieht es wesentlich besser aus, neue Vorkommen und neue Logistik (Gasverflüssigung) lassen steigender Nachfrage hier mehr Raum. Raum ergibt sich aber vor allem für die Nutzung Erneuerbarer Energien.

Wozu auch alle Art von besserer Energienutzung, also bessere Effizienz zählt. Solche Massnahmen erscheinen – vor allem bei der Bausanierung – auf den ersten Blick stets als teuer. Das Problem dahinter: die geldwerte Leistung muss unmittelbar erbracht werden, während ein Spareffekt erst mit der Zeit eintritt. Dass bei solcher Betrachtung der hohe Ölpreis die hohe Anfangsinvestiton einer Sparmassnahme erleichtert, liegt auf der Hand.

Noch spannender sind die neuen Preisrelationen aber im Hinblick auf die Nutzung von Sonne, Wind, Biomasse und Geothermie. Auch hier wiederum das Problem der hohen Anfangsinvestition. Aber neben dem erhöhten Ölpreis kostet die Nutzung dieser erneuerbaren Energien stets weniger. Einprägsamstes Beispiel: der photovoltaisch erzeugte Strom kommt heute auf weniger als die Hälfte denn vor zehn Jahren zu stehen (damals 1.20 CHF pro Kilowattstunde; heute unter 50 Rappen). Billiger geworden ist aber beispielsweise auch die solarthermische Wärmeerzeugung – der Effekt bezieht sich also auf den gesamten Energiesektor und nicht nur auf die Stromerzeugung.

Schliesslich ist der hohe Ölpreis auch ein Segen für die Anwendung der Solarenergie in Ländern des Südens oder überall dort, wo so genannte Off-Grid-Anlagen zum Einsatz kommen – wo der Strom also der direkten Nutzung vor Ort ohne Netzanbindung dient. Ab Fasspreisen des Öls von über 70 US-Dollar gilt Solarenergie in diesen Fällen nämlich bereits heute als konkurrenzfähig (siehe dazu auch das Buch von Wolfgang Palz: «Power for the World», soeben erschienen bei Pan Stanford Publishing in Singapur). Das bedeutet auch: Solare Energieerzeugung wird in den kommenden Jahren vor allem in ärmeren Staaten einen ungeheuren Aufschwung erleben.

Wegen der stets auch präsenten Spekulation kann niemand die kurzfristige Preisentwicklung voraussagen. Dennoch sei hier die Prognose gewagt, dass ohne eine weitere Wirtschaftskrise der Ölpreis in den kommenden drei Jahren sich zwischen 120 und 150 $ bewegen wird, mit einer Preisuntergrenze, die dann immer noch zwischen 80 und 100 liegt. Anreiz genug also, noch vermehrt in Erneuerbare zu investieren.

© Solarmedia

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