Dienstag, 17. Mai 2011

Aus Ökostrom wird Erdgas

Bislang nutzen Erdgasautos fossilen Treibstoff, der zwar klimafreundlicher als Benzin ist, aber ökologisch nicht ganz zufriedenstellt. Bald jedoch können diese Fahrzeuge völlig klimaneutral tanken. Eine neue Technologie der SolarFuel GmbH wird das ermöglichen.

Im Auftrag der AUDI AG errichtet das Stuttgarter Unternehmen gemäss einer Medienmitteilung jetzt eine industrielle Pilotanlage zur Umwandlung von Ökostromüberschüssen in erneuerbares Erdgas, von Audi „e-gas“ genannt. Die weltweit erste e-gas-Anlage soll 2013 in Werlte (Emsland) in Betrieb gehen.

Das Modell Erdgas-Audi A3 TCNG soll mit dem aus Ökostrom gewonnen e-gas betrieben werden (Bild Audi).







Vorgesehen ist eine Tagesproduktion von durchschnittlich rund 3.900 Kubikmeter erneuerbarem Methan in Erdgas-Normqualität. Nach Fertigstellung der Anlage können Audi-Kunden damit klimaneutrale Mobilität kaufen: Das SolarFuel-Methan setzt bei der Verbrennung nicht mehr CO2 frei als bei seiner Produktion gebunden wurde. Mit der Großanlage wird ein wichtiger Schritt zur Kommerzialisierung der Technik gemacht. Die elektrische Anschlussleistung beträgt 6,3 Megawatt.

Die Grundlagen des Verfahrens stammen vom Forschungsinstitut ZSW in Stuttgart (siehe auch Solarmedia vom 21. März 2011). Zusammen mit dem Fraunhofer IWES erarbeitete es das Konzept zur Verstetigung der erneuerbaren Stromerzeugung durch Methanisierung. SolarFuel hat die Technik aus dem Labor und den Büros der Wissenschaftler geholt und für die Umsetzung gesorgt. „Unsere Pilotanlage für Audi ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Kommerzialisierung dieser Technologie“, freut sich Gregor Waldstein, Geschäftsführer des Stuttgarter Start-Up-Unternehmens. „Das Verfahren funktioniert sehr gut, jetzt rückt auch die Marktfähigkeit im Megawattmaßstab näher.“

Das erst 2007 gegründete Unternehmen
entwickelt die Ökostromspeichertechnik weiter und baut die Anlagen. „Eine Nutzung des SolarFuel-Methans ist vielfach möglich“, so Waldstein. „Strom- und Wärmeerzeuger können mit erneuerbarem Methan ihre Klimabilanz verbessern – aber vor allem auch Fahrer von Erdgasfahrzeugen.“ Der Ingolstädter Konzern Audi setzt auf dieses Konzept der erneuerbaren Mobilität und wird im ersten Schritt 2013 den Erdgas-Audi A3 TCNG auf den Markt bringen. Käufer können dann als Zusatzpaket kohlendioxidneutrale Mobilität erwerben. Der Autobesitzer tankt künftig wie gewohnt an der Tankstelle herkömmliches Erdgas. Die getankte Menge wird von Audi dann in Form von erneuerbarem Methan in das Erdgasnetz eingespeist. So bleibt die Kohlendioxidbilanz für die gefahrenen Kilometer neutral.

Produziert werden soll der nachhaltige Kraftstoff e-gas durch die geplante SolarFuel-Anlage. „Bauplanung und Engineering starten im Juni 2011, die Fertigstellung ist für 2013 geplant“, sagt Dr. Karl Maria Grünauer, Finanzchef und Kundenverantwortlicher für Audi bei SolarFuel. Mit der erwarteten Gasmenge aus der Pilotanlage können fahren. Im Vergleich zu der bereits erfolgreich erprobten Demonstrationsanlage am ZSW in Stuttgart nimmt die Anlage damit rund 250mal soviel Leistung auf. „Ziel des Vorhabens bei Audi ist die Erprobung der SolarFuel-Technologie in einem wirtschaftlichen Umfeld“, so Grünauer. „2015 soll unsere Speichertechnik serienreif sein.“ Funktioniert alles wie vorgesehen, stehen dann Anlagen mit bis zu 20 Megawatt Leistung serienreif zur Verfügung. Bis dahin ist jedoch noch viel Entwicklung und Optimierung nötig.

Die Produktion des synthetischen Methans in Erdgas-Qualität erfolgt in zwei Schritten:
Die Anlage zerlegt zuerst per Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Eine chemische Reaktion verbindet dann den Wasserstoff mit Kohlendioxid (CO2) zu Methan. In der Demonstrationsanlage am ZSW wurde das CO2 direkt aus der Umgebungsluft mit zusätzlichem Energieaufwand entnommen. Die Audi-Anlage dagegen wird CO2 aus einer Abfall-Biogasanlage des Energieversorgers EWE verwenden. Dort fällt genug CO2 als Nebenprodukt an und kann sehr effizient genutzt werden.

Die neue Technik unterstützt wesentlich den Weg zu einem 100 Prozent regenerativen Energiesystem. Strom-Überschüsse durch naturbedingte Schwankungen von Wind und Sonne können in Form eines chemischen Energieträgers - Methan - erstmals in der geforderten Größenordnung gespeichert werden. Das erzeugte Methan hat Normqualität. Somit kann man es ohne Weiteres in die Erdgasinfrastruktur einspeisen.

Die Speicherkapazität des Erdgasnetzes ist immens: Über 200 Terawattstunden stehen bereits heute zur Speicherung von Energie im Erdgasnetz zur Verfügung. Dies entspricht dem deutschen Gas-Energieverbrauch von mehreren Monaten. Der Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Strom in Methan ohne Wärmenutzung liegt bei über 60 Prozent. Die anfallende Wärme kann wie bei Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen genutzt werden. Der dann noch anfallende Verlust ist deutlich geringer als die vollständige Verschwendung von Windkraft- und Solarstromspitzen. Solche Situationen werden durch den Ausbau der erneuerbaren Energien immer öfter auftreten: Ohne den erforderlichen Ausbau von Netzen und Speicherlösungen drohen zukünftig regelmäßig Abschaltungen der Ökokraftwerke.

Quelle: Solarfuel

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