Mittwoch, 31. Oktober 2012

Mit! Oder vielleicht doch ohne?

Die Schweizerische Energie Stiftung (SES) lud zur Seelenerkundung der Strombranche. Vor vollem Haus in der neuen Pädagogischen Hochschule Zürich liessen sich am Dienstagabend die Vertreter von Axpo, des Stadtwerks Winterthur sowie der Industriellen Werke Basel (IWB) das eine oder andere Bekenntnis entlocken. Zudem veröffentlichte die SES Schätzungen zu neuen Arbeitsplätzen dank der Energiewende - bis zu 85'000 seien zu erwarten.

Es war allerdings kein uneingeschränktes zur Solarenergie. Immerhin verzichtete Niklaus Zepf (rechts im Bild) darauf, dieser eine klare Absage zu erteilen, wie das Axpo-Vertreter früher – etwa CEO Heinz Karrer – zum wiederholten Mal taten. Aber Photovoltaik ist für den Leiter der Unternehmensentwicklung bei Axpo einfach eine Stromerzeugungsart für die Kleinverbraucher – und mit denen habe der Energieversorger der Nordwestschweiz nach eigenem Bekunden einfach nicht direkt zu tun. Also keine Solarprojekte, alleinfalls einzelne im Grossmassstab (die Unternehmenstochter CKW sondiert derzeit bezüglich eines 10-Megawattprojekts auf der freien Wiese bei Inwil (LU).

Schon differenzierter bezüglich der Chancen der Solarenergie tönte es aus Winterthur. Markus Sägesser, Direktor des dortigen Stadtwerks (Bildmitte, siehe oben), setzt neuerdings auf Erneuerbare Energien, liess sich zu diesem Behuf auch mit einem Kreditrahmen seitens des Stimmvolks ausstatten und strebt unterdessen an, auch viele photovoltaische Anlagen auf Stadtgebiet zu realisieren – ohne sich zu konkreten Zahlenangaben hinreissen zu lassen. Wie andere Stadtwerke auch, wohl unter dem Eindruck des pragmatisch Gegebenen, beteiligen sich die Winterthurer auch an Produktionsanlagen im Ausland – konkret an Windrädern in Deutschland. Energie gälte es eben auch dort zu ernten, wo sie besonders günstig zu erzeugen sei.

Dem stimmte Beat Jans, Basler SP-Nationalrat und Verwaltungsratsmitglied der Basler IWB (links im Bild, siehe oben) zu, bekannte sich aber auch zu einer umfassenden Förderung der Solarenergie im lokalen Raum. Etwas erstaunte sein vollumfängliches Bekenntnis zu photovoltaischen Projekten, die Basel-Stadt mit einer lokalen Einspeisevergütung zu fördern trachte. Denn der Strategie hin zur kleinen, lokalen, dezentralen Stromerzeugung unter Zuhilfenahme staatlicher Förderung hatte der Geschäftsleiter des gleichen Stromwerkes, David Thiel, vor einer Woche am Zürcher Cleantechday noch eine deutliche Absage erteilt – unter Verweis darauf, dass man doch endlich einfach den freien Markt spielen lassen solle (siehe Solarmedia vom 25. Oktober 2012). Da wissen in Basel offenbar die beidseits Verantwortlichen für die Unternehmensentwicklung nichts voneinander.

Und noch die Sache, die überhaupt nicht zur Sprache kam an der SES-Veranstaltung – der künftig erhöhte Eigenstromverbrauch. Dem allerdings trauen selbst die Apologeten der Solarenergie noch nicht so recht über den Weg. IWB-Vertreter Beat Jans sieht dessen Zeit «wohl so in zehn Jahren» gekommen und auch der Geschäftsleiter des Fachverbands Swissolar, David Stickelberger, glaubt nicht an eine wirtschaftliche Relevanz vor fünf Jahren.

Derweil hat des Geschäft mit den Heimbatterien in Deutschland bereits Fahrt aufgenommen, Degerenergie bot kürzlich eine integrierte Heimanlage mit allem Drum und Dran, was es für die Selbstversorgung mit Solarstrom braucht, für 25'000 Euro an (siehe Solarmedia vom 27. Oktober 2012). Weitere Anbieter sind etwa Centrosolar und SMA. Sicherlich: Die Verhältnisse in Deutschland sind in vielerlei Hinsicht anders und insbesondere die Tarife für herkömmlichen Haushaltstrom höher, weshalb sich die Eigenversorgung schneller lohnt. Aber der Zug ist in Fahrt gekommen – und man wünschte sich, dass auch hierzulande mit mehr Offenheit dieser allenfalls bedeutenden nächsten Entwicklung des Solarstromgeschäfts begegnet wird.

Im Übrigen gab die Energiestiftung die Resultate einer Untersuchung bekannt, wonach die Energiewende zum Jobmotor werden könnte: 85'000 neue Arbeitsplätze entstehen bis 2035 in der Schweiz, wenn die Potenziale für Energieeffizienz und neue erneuerbare Energien genutzt werden. Schon heute bietet der Sektor der erneuerbaren Energien 22'300 Vollzeitstellen, was aber erst 0,6 Prozent aller Beschäftigten ausmacht. Da die Potenziale für neue erneuerbare Energien und vor allem für die Energieeffizienz noch kaum genutzt seien, liessen diese Zahlen «grosse Erwartungen für die Entwicklung der Anzahl Arbeitsplätze in diesen Bereichen zu. Allerdings handelt es sich um Bruttozahlen – der Verlust an Arbeitsplätzen etwa in der Atombranche ist darin nicht enthalten.

© Solarmedia Text und Bild

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