Dienstag, 16. September 2014

Kahlschlag in CH-Industrie - Replay

Bislang war von den Pleiten in Deutschland und den USA die Rede. Nun macht aber die absehbare Insolvenz zweier Schweizer Solarunternehmen deutlich, dass die hiesige Solarbranche durch die allgemeine Branchenkrise sogar überhart getroffen wird. Soeben haben die viel versprechenden Dünnschicht-Modulhersteller Pramac und offenbar auch Flexcell die Segel gestrichen. Dieser Artikel ist ein Replay von 2012 - wegen technischen Defekts erneut aufgenommen.

Die Schweizer Solarindustrie ist vergleichsweise klein. Kein Wunder also, dass deren wirtschaftliche Schwierigkeiten bislang für wenig Schlagzeilen sorgten. Doch sind sie unterdessen unübersehbar. Bekannt wurden bereits die Entlassungspläne bei Meyer Burger (Abbau von rund 450 Stellen oder einem Viertel der Belegschaft) sowie der Verkauf der Solarsparte von Oerlikon nach Japan. Im März war von Roll’s Plan (nur Insidern) bekannt geworden, auf den Aufbau einer Modulproduktion im ostschweizerischen Tägerwilen zu verzichten. Der einstige Stahlkonzern wollte dort die «leichteste, billigste und effizienteste Solarzelle der Welt» bauen, 100 Stellen schaffen und den Anstoss zu einem Schweizer Silicon Valley schaffen.

Unterdessen ist das eher ein Tal der Tränen, zumal zwei weitere Grossprojekte für eine Schweizer Modulproduktion - Genesis in Raron (VS) und Solar Industries in Langenthal (BE), im Bild dessen Spiritus Rector, der gescheiterte Verwaltungsratspräsident Rolf Wägli der Beteiligungsgesellschaft New Value (Solarmedia 1. Februar 2012) – zu den Akten gelegt wurden. Jetzt machen offenbar zwei weitere Hoffnungsträger dicht. So berichtete das Tessiner Radion RSI vor Wochenfrist von derr bevorstehenden Entlassungswelle bei der Schweizer Tochter der italienischen Firma Pramac (mit Sitz in Casole d'Elsa): Einer der wenigen bereits operationell tätigen Solarmodul-Hersteller der Schweiz mit einer Jahreskapazität von 35 Megawatt, die Pramac in Riazzino, hat formell allen noch 103 Angestellten gekündigt hat.

Der PRAMAC-Konzern arbeitet im Bereich der Energieerzeugung: Entwickelt, produziert und vertreibt weltweit Stromerzeuger, Dünnschicht-Photovoltaikmodule, Mikro-Windkraft-Anlagen und Flurförderzeuge. Offenbar hat auch das Mutterunternehmen mit finanziellen Problemen zu kämpfen – so stellte es die Unterstützung der Motorsportmarke Ducati ein und meldete einen Jahresabschluss 2011 mit einem Verlust von 94,8 Millionen Euro. Ein Antrag auf Rekapitalisierung war gemäss dem Motorsport-Magazin an der Hauptversammlung abgelehnt worden. Das globale Netzwerk ermöglicht PRAMAC den weltweiten Vertrieb dieser Produkte. Pramac hatte eng mit der Solarsparte von Oerlikon zusammen gearbeitet und auf deren Produktionslinie Module hergestellt. Für diese stellte Pramac einen um bis zu 18 Prozent höheren Energieertrag als bei herkömmlichen kristallinen Typen in Aussicht. Mit dem Ende der Pramac dürfte ein weiterer Sargnagel in das Projekt der amorphen Silicium-Modul-Produktion getrieben worden sein – auf welche Oerlikon Solar als einer der wenigen Maschinenhersteller weltweit setzte. Was mit letzterer schliesslich geschieht, dazu hüllt sich der neue japanische Mutterkonzern in Schweigen.

Derweil meldet das US-Portal Greentechmedia, dass ein weiteres hoffnungsvolles Schweizer Dünnschichtprojekt wohl bald baden geht. Die VHF-Technologies SA, besser bekannt unter dem Markennamen FLEXCELL, ist demnach von Insolvenz zumindest bedroht. Sie war in den vergangenen Jahren durch den Einstieg der unterdessen ebenfalls zahlungsunfähigen Q-Cells sowie von Mitsubishi mit Finanzspritzen am Leben erhalten worden. Eine telefonische Anfrage von Solarmedia blieb «aus internen Gründen» unbeantwortet . Flexcell suchte ihr Glück in einer Rollenproduktion einer flexiblen Solarzelle (25 Megawatt Jahreskapazität), vor allem für den mobilen Einsatz sowie den Belag wenig belastbarer Dachkonstruktionen. Das Scheitern könnte dabei der geringen Energieausbeute und Langlebigkeit der Zellen angelastet werden. Gemäss der WestschweizerZeitung La Côte besteht noch Hoffnung für Flexcell aufgrund eines angekündigten Unterstützungskredits der Basler Investmentgesellschaft Capricorn Capital.  So oder so stehen bei Flexcell nur noch knapp die Hälfte der einst über 100 MitarbeiterInnen auf der Lohnliste. 

So verbleibt Meyer Burger als einziges grosses Schweizer Solarunternehmen im Bereich der Photovoltaik, sowie Komax und Huber & Suhner als Zulieferer. Bei der Solarwärme sind es demgegenüber noch einige mittelständische Unternehmen wie die Ernst Schweizer Metallbau oder Soltop, die dank Distanzschutz vorderhand zumindest die erste Geige im Schweizer Markt zu spielen in der Lage sind. Von den internationalen Märkten aber verabschiedet sich die hiesige Solarbranche – mit Ausnahme von Meyer Burger – wohl definitv. Oder wie es Matthias Fawer, Solaranalyst der Bank Sarasin, gegenüber der Handelszeitung formulierte: «Ein Produktion von Solarzellen und Modulen macht im Umfeld von Überkapazitäten und günstigen Produkten aus Asien überhaupt keinen Sinn.»

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