Montag, 11. Dezember 2017

Banken untergraben Klimaabkommen

Banken und Investoren gefährden die Pariser Klimaziele  - Milliarden für die Entwickler neuer Kohlekraftwerke. 

Am Tag vor dem zweiten Geburtstag des Pariser Klimaschutzabkommens belegen zwei neue Berichte, wie stark große Banken und Investoren die Klimaschutz-Ziele von Paris untergraben. Die Berichte zeigen, dass Großbanken zwischen Januar 2014 und September 2017 den 120 wichtigsten Kohlekraftwerksentwicklern 630 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt haben und große institutionelle Investoren derzeit fast 140 Milliarden US-Dollar in dieselben Unternehmen investieren. 

„Während Klimaforscher warnen, dass wir den Ausstieg aus bestehenden Kohlekraftwerken beschleunigen müssen, geben Banken und Investoren immer noch Milliardenbeträge an Unternehmen weiter, die neue Kohlekraftwerke planen", kritisiert Heffa Schücking, Geschäftsführerin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald. 

Die ergänzenden Berichte "Banks vs. the Paris Agreement" und "Investors vs. the Paris Agreement" wurden von den NGOs BankTrack, urgewald, Les Amis de la Terre (Frankreich), Re:Common (Italien) und Rainforest Action Network (USA) auf dem Climate Finance Day in Paris veröffentlicht, bei dem die Klimabemühungen der Finanzwirtschaft seit Inkrafttreten des Abkommens von Paris diskutiert werden. In den Studien wird das finanzielle Engagement von Banken und Investoren bei den 120 weltweit wichtigsten Entwicklern von Kohlekraftwerken untersucht. Diese Unternehmen sind für 2/3 der weltweit geplanten neuen Kohlekraftwerke verantwortlich und planen den Bau von über 550.000 Megawatt – was den Kohlekraftwerksparks von Indien, USA und Deutschland entspricht. 

Banken unterstützten diese Unternehmen im Zeitraum von Januar 2014 bis September 2017 mit Krediten sowie der Ausgabe von Aktien und Anleihen in Höhe von 630 Mrd. USD, wobei chinesische und japanische Banken 68% des Gesamtbetrags vergaben. In den zwei Jahren seit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens haben die Banken den 120 wichtigsten Entwicklern von Kohlekraftwerken 275 Milliarden US-Dollar zur Verfügung gestellt. 

17 der 20 größten Banken im Bereich von Anleihe- und Aktienemissionen für Kohlekraftwerksentwickler sind chinesische Banken, die Industrial and Commercial Bank of China an der Spitze, die den Entwicklern von Kohlekraftwerken auf diesem Wege über 33 Mrd. USD zur Verfügung gestellt hat. „China hat bereits wichtige Schritte unternommen, um seinen heimischen Kohleverbrauch zu reduzieren. Nun muss das Land auch bei den Geldern für die chinesische Kohleexpansion in Übersee eingreifen. Wenn es China ernst ist mit dem Führungsanspruch beim Klimaschutz, muss es die riesigen Finanzströme seiner Banken für Entwickler von Kohlekraftwerken stoppen", sagt Yann Louvel, Klima- und Energiekoordinator bei der NGO BankTrack.

Bei der Kreditvergabe sieht das Bild ganz anders aus. Die beiden größten Kreditgeber für Kohlekraftwerksentwickler sind die japanischen Banken Mizuho Financial und Mitsubishi UFJ Financial mit 11,5 Mrd. USD bzw. 10,2 Mrd. USD. Shin Furuno, Campaigner bei der japanischen Sektion der NGO 350.org, sagt: „Mizuho Financial Group, Mitsubishi UFJ Financial Group und Sumitomo Mitsui Banking Corporation haben 25,3 Milliarden US-Dollar an Unternehmen vergeben, deren Kohlekraftwerke das 2°C-Ziel unerreichbar zu machen drohen. Japanische Banken müssen sich endlich zu Kreditvergabe-Richtlinien verpflichten, die mit dem Pariser Abkommen in Einklang stehen.“


Während immer mehr westliche Banken die direkte Finanzierung von Kohlekraftwerksprojekten einschränken, setzen sie die Finanzierung der dafür verantwortlichen Firmen fort. Fast die Hälfte der größten 20 Kreditgeber für Kohlekraftwerksentwickler sind westliche Banken wie ING, Citi, Société Générale, HSBC und Deutsche Bank. HSBC und Citi gehören auch zu den Top 20 Banken im Bereich Aktien- und Anleiheemissionen für Kohlekraftwerkentwickler. Die HSBC kündigte auf dem jüngsten UN- Klimagipfel an, dass sie weiterhin Kredite für Kohlekraftwerke in Entwicklungsländern vergeben wird, wo 90 % der neuen Kohlekraftwerke geplant sind. Im Jahr 2016, also im Jahr nach der Unterzeichnung des Pariser Abkommens, haben neun westliche Großbanken ihre Finanzierung für die wichtigsten Kohlekraftwerksentwickler aufgestockt. [2]
Yann Louvel von BankTrack kommentiert: „Trotz der Klimarichtlinien der Banken kann das Geld für die Unternehmen, die Hunderte neuer Kohlekraftwerke bauen wollen, nach wie vor fast ungehemmt fließen. Die Banken müssen diese Lücken schließen und anfangen, den Entwicklern von Kohlekraftwerken konsequent Gelder zu verweigern.“ 

Der Bericht "Investors vs. the Paris Agreement" zeigt 1.455 institutionelle Investoren, die Investitionen in die 120 wichtigsten Kohlekraftwerksentwickler halten mit einem Gesamtvolumen von fast 140 Mrd. USD. „Wir haben die Portfolios von Pensionsfonds, Versicherern, Investmentfonds, Vermögensverwaltern, Staatsfonds und den Anlageabteilungen von Geschäftsbanken untersucht. Die Verfügbarkeit von Daten war jedoch ein echtes Problem, da viele Pensionsfonds nicht über ihre Bestände berichten. Die von uns gefundenen institutionellen Investitionen in Höhe von 139,6 Milliarden US-Dollar in Kohlekraftwerksentwickler sind wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs", erklärt Schücking.

Der weltweit größte Investor der Kohlekraftwerksentwickler ist der US-amerikanische Investment-Gigant BlackRock, der Aktien und Anleihen im Wert von 11,5 Milliarden US- Dollar an diesen Unternehmen hält. Es folgen Japans Government Pension Investment Fund mit Investitionen in Höhe von 7 Mrd. USD und der US-Investmentmanager Vanguard mit Investitionen in Höhe von 5,7 Mrd. USD. 

„Für BlackRock machen die Investitionen in Kohlekraftwerksentwickler nur einen winzigen Teil des Portfolios aus, weniger als 0,2 % des verwalteten Vermögens. Für den Rest von uns bedeuten diese Investitionen hingegen einen Riesenschritt in Richtung Klima-Katastrophe“, sagt Schücking. Die 52 Kohlekraftwerksentwickler, an denen BlackRock in vielen Fällen signifikante Anteile hält, sind insgesamt für Kohleausbaupläne in Höhe von 340.622 Megawatt verantwortlich - das entspricht der gesamten Kohlekraftwerksflotte von Indien, Japan, Südkorea und Russland. 

Insgesamt machen Investoren aus den USA 37 % der institutionellen Investitionen in Kohlekraftwerksentwickler aus. An zweiter Stelle folgen Investoren aus der Europäischen Union und Japan (je 13 %), Malaysia (9 %), China (7 %) und Indien (6 %).  „Viele der größten Investoren in unserem Ranking sind Mitglieder der ‚Institutional Investors Group on Climate Change‘ oder ähnlicher Initiativen, die regelmäßig vor der Bedrohung warnen, die der Klimawandel für unsere Wirtschaft und Gesellschaft darstellt. Es sind jedoch genau dieselben Institutionen, die Milliarden von Dollar in Unternehmen mit gewaltigen Ausbauplänen für Kohle investieren. 
 
Es ist an der Zeit, dass BlackRock, Vanguard und andere globale Investoren die unbequeme Wahrheit anerkennen, dass ihre eigenen Investitionen den Klimawandel beschleunigen“, so Schücking.


Die Berichte wurden zeitgleich mit dem Climate Finance Day in Paris veröffentlicht, der Bilanz zu den Klimaschutzmaßnahmen in der Finanzwirtschaft vor dem nächsten UN-Klimagipfel im Dezember 2018 in Kattowitz, Polen, ziehen soll. 
 
Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt fordern Banken und Investoren auf, bis zum Klimagipfel in Kattowitz Maßnahmen zu ergreifen, um die 120 wichtigsten Kohlekraftwerksentwickler aus ihrem Portfolio auszuschließen.

Der Bericht „Banks vs. the Paris Agreement“ ist hier abrufbar

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